Zeitzeugenbericht Abba Naor

Abba Naor zu Gast an der RSO – ein Holocaustüberlebender erzählt seine Geschichte.  

„Manchmal habe ich hochgeschaut und gefragt: ‚Hey wo bist du?‘“

Mit dem oben genannten Zitat ging Herr Naor auf die Schülerfrage ein, ob er in der Zeit im Konzentrationslager auch manchmal an Gott gedacht hatte. Er erläuterte den Jugendlichen in diesem Zusammenhang seine Kindheit, in der zwar der jüdische Glaube in seinen Grundzügen gelebt wurde, die Familie, das Miteinander und die Nächstenliebe aber einen viel größeren Stellenwert einnahmen. Er sagte, er hätte sich einfach wie ein Kind gefühlt, genauso wie die anderen Kinder in seinem Dorf, die überwiegend Christen waren. Mit einer unglaublichen Offenheit und Empathie teilte Herr Naor seine Geschichte und fesselte die Jugendlichen mit schier unfassbaren Erlebnissen. „Was ich euch hier erzähle, das ist kein Märchen“, untermauerte der Zeitzeuge seine Schilderungen. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, seine ganz persönliche Geschichte zu erzählen, um ein Vergessen zu verhindern. Zudem hoffe er, dass die Kinder aus seinen Schilderungen für ihr Leben lernen würden, um eine Wiederholung bestimmter Fehler zu vermeiden. Und so durften wir Herrn Naor zum vierten Mal an der RSO begrüßen.

Er erzählte gut zwei Stunden von seiner Kindheit und seiner Jugend, die von Trennungen, Verfolgungen und einer Zeit in verschiedenen Konzentrationslagern geprägt gewesen war. Was er immer wieder betonte, war die Tatsache, dass jeder Jude doch auch ein Mensch sei und er nicht verstehen könne, wie so etwas vergessen werden kann. Der Zeitzeuge führte den Zehntklässlern auch vor Augen, dass sie sich glücklich schätzen dürften, ein solches Leben leben zu dürfen, wie sie es tun. Denn man dürfe es nicht als selbstverständlich ansehen, genug zu essen zu bekommen oder zur Schule gehen zu dürfen. Die Begeisterung und das Interesse der Schüler zeigte sich auch in der Fragerunde am Ende des Zeitzeugengesprächs, die nicht enden wollte. Herr Naor verabschiedete sich mit den Worten: „Hoffentlich bis zum nächsten Jahr, zu euch komme ich gern wieder!“ Die Klassen thematisieren das Gehörte nun in ihrem Geschichtsunterricht und gestalten in diesem individuelle Dankeskarten, in welchen sie ihre Eindrücke verarbeiten. Diese werden dann an Herrn Naor vor seiner Rückreise nach Israel übergeben.

Sandra Reigl